Schritt für Schritt voran

Sandy Jackisch, Heike Matschke, Betriebsrätinnen bei ABB Cottbus und Stephan Vetter, IG Metall-Bildungsreferent
Inhalt
Lernen, sich austauschen – machen: Tarifpolitische Bildungsoffensive aus Brandenburger Perspektive

Sandy Jackisch und ihren Betriebsratskolleg:innen war schon länger klar, dass sie sich mal wieder um Eingruppierungen und Arbeitsbeschreibungen kümmern müssten.

ERA aktualisieren

»Wir haben ERA 2005 eingeführt und das seitdem nicht mehr groß angefasst«, erzählt die Betriebsratsvorsitzende von ABB am Standort Cottbus. Mittlerweile seien die Kolleg:innen, die das Entgeltrahmenabkommen seinerzeit ins Leben gerufen und umgesetzt hätten, allerdings längst im Ruhestand. »Außerdem hat sich die Arbeitswelt ja insgesamt total verändert« sagt Betriebsratskollegin Heike Matschke. Die Arbeitsmittel seien ganz andere, die Tätigkeiten in den meisten Fällen enorm verdichtet und dadurch anspruchsvoller. In vielen Fällen würde heute eine Person machen, wofür früher drei bis vier Mitarbeitende nötig waren. Entsprechend habe sich auch die Zahl der Arbeitsplätze am Cottbuser ABB-Standort von ehemals 250 auf 100 Arbeitsplätze reduziert. »Aber die Arbeit ist gleichzeitig mehr geworden«, sagt Heike.

Als Sandy im vergangenen Jahr bei einer Konferenz in Dresden hörte, dass es eine vierteilige Seminarreihe im Bildungszentrum Pichelsee zur Tarifpolitischen Bildungsoffensive (TPBO) geben sollte, wurde sie deshalb sofort hellhörig. Jetzt haben sie und ihre Kollegin schon zwei Module hinter sich – und sind begeistert: »Die Reihe ist wirklich total hilfreich!«

Mitten in der Transformation

Wie die anderen Betrieb, die an der ersten Reihe zur TPBO im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen teilnehmen, befindet sich auch ABB mitten in der Transformation. Der Cottbuser Standort des Energie- und Automatisierungstechnikkonzerns, der weltweit über 100.000 Menschen beschäftigt, entwickelt und realisiert elektrische Lösungen für Tagebau- und Schüttgutanlagen. Statt um Kohletagebau in Deutschland geht es dabei in Zukunft vor allem um den Abbau von Erzen und Edelmetallen in aller Welt, beispielsweise in Südamerika. Geschäftsfelder, Lieferketten: Nichts bleibt, wie es war.

Von der Seminarreihe erhoffen sich die Betriebsrätinnen, dass sie ihnen hilft, eine Systematik zu entwickeln, mit der sie künftig jede Arbeitsbeschreibung und jede Eingruppierung überprüfen können. Und sie sind optimistisch, dass das gelingt. »Wir haben in den ersten beiden Modulen von den Kolleg:innen aus den anderen Unternehmen und von der IG Metall schon sehr viele Inspirationen und wichtige Informationen bekommen«.

»Am Ende wollen wir für jeden einzelnen Arbeitsplatz eine aktuelle Arbeitsbeschreibung und eine im Verhältnis zu den anderen gerechte Eingruppierung haben.«
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Sandy Jäckisch und Heike Maschke, ABB Cottbus
Sandy Jäckisch und Heike Maschke, ABB Cottbus
»Am Ende wollen wir für jeden einzelnen Arbeitsplatz eine aktuelle Arbeitsbeschreibung und eine im Verhältnis zu den anderen gerechte Eingruppierung haben.«

Arbeit am konkreten Projekt

Als konkretes Projekt haben sie sich den Arbeitsplatz einer Kollegin vorgenommen. Diese habe im Laufe der Jahre immer mehr Aufgaben übernommen und macht nun, wofür früher vier Mitarbeiter:innen zuständig waren: Einkauf, Logistik, Exportkontrolle und Zollangelegenheiten. »Wir vermuten, dass sie höher eingruppiert sein müsste«, sagt Heike Matschke. Um das aber belegen zu können, würden sie zunächst Tätigkeiten, aber auch Abschlüsse, Weiterbildungen und Verantwortlichkeiten erheben, kategorisieren, ins Verhältnis setzen und bewerten.

Das langfristige Ziel: »Am Ende wollen wir für jeden einzelnen Arbeitsplatz eine aktuelle Arbeitsbeschreibung und eine im Verhältnis zu den anderen gerechte Eingruppierung haben. Wir wollen das für Kolleg:innen, die neu zu uns kommen, aber natürlich auch für die, die bei uns sind«, erklärt Sandy. An der Seminarreihe der IG Metall schätzen sie, »dass es so eine tolle Mischung ist aus Theorie, wo unser Wissen nochmal aufgefrischt wird, Austausch mit den Kolleg:innen von der IG Metall und aus den anderen Betrieben und praktischer Arbeit an den Projekten«. Und Heike fügt hinzu: »Anfangs waren wir skeptisch, ob vier Module nicht etwas viel seien. Aber jetzt ist das genau das Tolle!« Denn so könnten sie Erlerntes in die Praxis umsetzen und die dabei auftauchenden Fragen in virtuellen Treffen zwischen den Modulen mit den Seminarleiter:innen und den Kolleg:innen diskutieren. »Wir fühlen uns super begleitet und kommen so Schritt für Schritt vorwärts«, sagen die ABB-Betriebsrätinnen.