Tarifpolitische Bildungsoffensive in der Praxis

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Inhalt
Anke Zaar ist in Nordrhein Westfalen für die Umsetzung der Tarifpolitischen Bildungsoffensive (TPBO) zuständig, und berichtet, wie sich einee Idee mit Leben füllt und was die IG Metaller*innen davon haben

Anke, wieso braucht es auch in NRW eine tarifpolitische Bildungsoffensive?

Wir merken, dass unter anderem demografiebedingt tarifpolitisches Know-how in der Fläche abnimmt. Das brauchen wir aber, um falsche Eingruppierungen zu verhindern und um in den Betrieben wieder stärker proaktiv in tarifpolitischen Fragen unterwegs zu sein.

Und darum geht es bei der TPBO?

Ja, genau. Wir wollen Wissenstransfer generieren zwischen Profis in Entgeltfragen und dem Nachwuchs. Und zwar nachhaltig: Wir planen die Angebote so, dass beispielsweise Betriebsträt:innen sich fortwährend in Entgeltfragen schulen. Nur so können wir verhindern, dass wir eine Wissenslücke bekommen.

»Wie beteilige ich eine Belegschaft? Wie stärke ich die Teamkultur? Wie wollen Geschäftsstellen und Betriebe künftig zusammenarbeiten? Es geht um die Umsetzung: Wie geht man mit dem Wissen aus der Modulreihe um und wie kann man es fortführen? Wie stellen wir Wissenstransfer dauerhaft sicher?«
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Anke Zaar
Anke Zaar
»Wie beteilige ich eine Belegschaft? Wie stärke ich die Teamkultur? Wie wollen Geschäftsstellen und Betriebe künftig zusammenarbeiten? Es geht um die Umsetzung: Wie geht man mit dem Wissen aus der Modulreihe um und wie kann man es fortführen? Wie stellen wir Wissenstransfer dauerhaft sicher?«

Und wie gehst Du dabei konkret vor?

In der Regel kommt eine Geschäftsstelle auf uns zu: »Wir wollen etwas machen zu Entgelt und Tarif«. Gemeinsam schauen wir dann, was das sein könnte – die kennen ja ihre Betriebe. Um passgenaue Angebote machen zu können, bieten wir zunächst einen Basisworkshop an. Dort werden die Themen der Betriebsrät:innen gesammelt: Was sind die Fragen, mit denen ihr konfrontiert werdet? Was sind alltägliche Berührungspunkte mit Entgelt und Tarif, zu denen ihr gerne mehr wissen wollt? Wie funktioniert die praktische Umsetzung der Tarifverträge vor Ort?
So kommen wir auf die akuten Themen für eine Bildungsreihe. Diese erstreckt sich meist über sechs bis neun Monate und hat in der Regel vier Module von je zwei bis drei Tagen.

Welche Themen sind das beispielsweise?

Das kann etwas sein wie: Der Arbeitgeber geht gezielt gegen Eingruppierungen vor. Oder: Der Arbeitgeber macht Schwierigkeiten bei Eingruppierungen von Hochqualifizierten. Aber auch methodische Kompetenzen rund um Verhandlung, Konfliktlösung, Anwendung und Beteiligung bei Entgeltfragen sind gefragt.

Das heißt, die Module sind immer ganz unterschiedlich?

Ja. Einige Elemente sind allerdings immer dabei: Es geht um Qualifizierung, Beteiligung, Teamkultur und Umsetzung.
Es geht um tarifpolitisches Expert:innenwissen. Und wir aktivieren mit Fragen: Wie beteilige ich eine Belegschaft? Wie stärke ich die Teamkultur? Wie wollen Geschäftsstellen und Betriebe künftig zusammenarbeiten? Schließlich geht es auch um die Umsetzung: Wie geht man mit dem Wissen aus der Modulreihe um und wie kann man es fortführen? Wie stellen wir Wissenstransfer dauerhaft sicher? Parallel dazu findet immer auch die Arbeit an einem Projekt statt.
Während der Reihe schauen wir dann immer wieder, wie es mit den Projekten weiter geht und welches Handwerkszeug die Kolleg:innen vielleicht noch brauchen, um weiter zu kommen. Das können sie dann ausprobieren und ihre Erfahrungen im nächsten Modul mit allen teilen. Wir analysieren das dann gemeinsam.

Wie ist denn die Nachfrage nach Veranstaltungen zu TPBO in NRW?

Sehr gut. Drei Reihen sind bereits abgeschlossen, einige laufen und weitere sind in der Planung.

Gibt es dabei etwas NRW-Spezifisches?

Unser Konzept beruht auf den Erfahrungen aus »IG Metall vom Betrieb aus denken« und wir sind sehr nachfrageorientiert in der Konzipierung unserer Reihen. Das hilft, um die Zielgruppe bei ihren Themen abzuholen und sie in ihren Prozessen zu unterstützen. Auch, dass wir als Team so breit aufgestellt sind, ist sicher eine Besonderheit.

Anke Zaar war bis zum Projektstart Gewerkschaftssekretärin bei der Bezirksleitung der IG Metall Nordrhein-Westfalen. Bei ihr laufen in Sachen TPBO in Nordrhein Westfalen die Fäden zusammen. Dafür hat sie ihren Arbeitsplatz in Düsseldorf gegen das Bildungszentrum Sprockhövel getauscht. Dort kümmert sie sich um Akquise, Planung, Organisation und Durchführung von Bildungsveranstaltungen zur TPBO. Sie berät auch die Geschäftsstellen und führt Seminare durch. Dabei arbeitet sie im Team mit Kolleg*innen aus der Tarif- und der Kampagnenabteilung der Bezirksleitung und Bildungsreferent*innen aus dem Bildungszentrum Sprockhövel.
Die IG Metall hat für die TPBO für den Zeitraum Anfang 2024 bis Mitte 2027 insgesamt zehn Projektstellen geschaffen: Sieben, die sich um die Belange der einzelnen Bezirke kümmern, zwei die sich speziell um die holzverarbeitende Industrie sowie um die Textil- und Bekleidungsbranche kümmern und eine direkt beim IG Metall-Vorstand in Frankfurt.